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Alt 24.12.2007, 23:01
Siegbert von Klöten Siegbert von Klöten ist offline
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Unglücklich ähnlich

Weihnachtserlebnisse

© S.v.Klöten

Der Duft von frisch gebrühtem Bohnenkaffeeextrakt stieg in seine Nase und ließ Siegbert tief ausatmen. Wie er dieses Aroma hasste! Er holte noch einmal Luft, streckte seinen riesigen Geruchszinken nach vorne und schnupfte demonstrativ in sein Taschentuch.

Es war mittlerweile 13.25 Uhr am Heiligen "Abend" und er erwartete so langsam eine vernünftige Dienstübergabe. Gut, der Begriff „vernünftig“ ist relativ und wahrscheinlich durch und durch subjektiv geprägt. Eigentlich erwartete er irgendetwas in der Art: „Alles so ziemlich im grünen Bereich – keine besonderen Vorkommnisse – alle warten sehnsüchtig auf die große Weihnachtsfeier und die Bescherung…“.
Anschließend hätten sie noch dreißig Minuten Zeit gehabt um sich über die zahlreichen (wenn auch seid Jahren weniger werdenden) Angehörigengeschenke zum Weihnachtsfest herzumachen. Mit einem verschmidtzten Lächeln dachte er an seine Fründin Brigitte. Was würde sie wohl dazu sagen wenn sie sehen könnte, dass „gefühlte 90%“ der geschenkten Süßigkeiten mit hochprozentigem Alkohol angereichert sind ?

„Der Job ist wohl nur im Suff zu ertragen“ hörte er sie vor seinem geistigen Auge sprechen, „was nicht heißen soll, dass du alter Sack von mir dafür die Absolution bekommst !“
Die Dienstübergabe der Frühschicht an die Spätschicht beginnt und seine Erwartungen flossen den Bach runter…!

Die Hygienebeauftragte Krankenschwester B kam auch sofort zur Sache – nachdem sie innerhalb eines fünfzehn minütigen Monologs über ihren stressigen Vormittag, wo sie aufgrund nicht näher definierter Umstände seltsamerweise die Hälfte der ihr zugeteilten Aufgaben an andere Mitarbeiter „delegieren“ musste – und schockierte die Dummen unter uns mit Fakten, Fakten, Fakten…!

Frau „F“ (= 93 Jahre jung; seid über zwanzig Jahren altinsulinpflichtige Diabetikerin) habe einen derzeitigen Blutzuckerwert von 420 mg/dl . Hääähhh…? Ich muss mich wundern, da Frau „F“ seid einigen Jahren ähnlich hohe Werte hat; sie die Charts unserer internen BZ-Wertung anführt und das bisher verdammt gut überlebt hat.
Erst vorgestern hat ihr ein unkonventioneller spinnerter Mitarbeiter unseres Wohnbereiches ein dickes Stück Marzipantorte angereicht ? Obwohl sie angeblich „nur“ über Sonde ernährt werden kann, hat sie das Stück Torte mit Genuss gegessen und sich obendrein noch einen Glühwein reingepfiffen !? Anschließend hat sie zwei Einheiten Altinsulin mehr bekommen und war saugut drauf – ihre BZ-Werte waren übrigens auch saugut. Na ja, das Essen anreichen hat fast eine Stunde in Anspruch genommen (Sonde anschließen dauert drei Minuten – incl. Blutzuckerwert ermitteln und Insulin spritzen)… - aber wer, außer meiner dämlichen (!) Mitarbeiterin Krankenschwester B, glaubt tatsächlich daran, das ein <FRUCHTZWERG> so viel wert ist wie ein kleines Steak…?
Krankenschwester B ist blond; eine widerliche Denunziantin, faul, als verlogen geoutet – und erfreut sich höchstes Ansehen bei einigen Vorgesetzten.
Frau „F“ hat heute von dem oben genannten unkonventionellen spinnerten Mitarbeiter unseres Wohnbereiches kein Stück Marzipantorte bekommen – heute gab es „Schwarzwälder Kirschtorte“ (plus zwei Sondereinheiten Altinsulin) – sie war heute saugut drauf.

Krankenschwester B hatte uns aber noch viel mehr am 24.12.2007 mitzuteilen !!!

Frau „S“ hatte nähmlich laut Krankenschwester B keine Müllbeutel mehr in ihrem Abfallbehälter.
Ich schwankte kurz zwischen der Entscheidung, ob ich mit diesem Missstand vor den EUROPÄISCHEN GERICHTSHOF in Den Haag ziehen sollte - oder ob ich meinen Knackarsch in das sechs Meter entfernte Servicezimmer bewegen sollte – wo etwa 50 Rollen á 100 Müllbeutel auf ihre Abholung warteten ? Ich entschied mich für <Lösung 2>…

- Zwischenspiel -
Hallo ? Heute ist Heiligabend und ich habe keinen Bock mich neben meinen (u.a. persönlich gewählten) Verpflichtungen mit „unbefriedigten Krankenschwestern“ auseinanderzusetzen ?
Ach ja – entschuldigt mich – ich hatte es ja noch nicht erwähnt: ich arbeite in einem Altenpflegeheim.
- Zwischenspiel Ende -

Zu meiner persönlichen Entlastung möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese ganzen (sinnlosen ?) Diskussionen vor 14.00 Uhr stattgefunden haben. Krankenschwester B teilte mir dann ziemlich genau 5 Minuten vor ihrem Dienstende mit, dass von den zwei Lichterketten an unserem (von mich! ) festlich dekoriertem Tannenbaum lediglich noch eine brennen würde (und das seid gestern) – aber das würde <ja eh keiner mehr (= von meinen Jungs & Mädels)> mitbekommen.
Anschließend habe ich ihr ein paar Sachen gesagt, die mir nachträglich nicht einmal leid tun.

Viertel nach zwei Uhr Nachmittag war der Baum so, wie man(n) sich einen Baum vorstellt…- darauf könnt ihr euren ***** wetten !
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"Ein Mensch ist oftmals wie verwandelt, sobald man <menschlich> ihn behandelt."

Eugen Roth
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